Musiklegende Rees Gwerder ist tot - seine Melodien leben weiter
von Jürg Auf der Maur für 'Boote der Urschweiz' vom 05. Januar 1998Der bekannte Volksmusiker Rees Gwerder starb gestern 86jährig in Arth. Einer der letzten und wichtigsten Vertreter der traditionellen urchigen Volksmusik ist tot. Rees Gwerder verstarb am Sonntag morgen im Alter von 86 Jahren im Altersheim Hofmatt in Arth.
Die Liebhaber und Freunde der Schweizer Volksmusik trauern um einen ihrer grössten und wichtigsten Vertreter: In der Nacht auf gestern Sonntag verstarb im Altersheim Hofmatt in Arth der bekannte Schwyzerörgelispieler Rees Gwerder in seinem 87. Altersjahr. Rees Gwerder wurde am 30. Juli 1911 in Muotathal als Sohn eines Bergbauernehepaars geboren. Er wuchs im Muotathal/Bisisthal auf und lebte seit 1945 in der Gemeinde Arth. Viele seiner bekannten Stücke wurden auf seinem Heimet „Gängigerberg“ hoch über dem Arther Talboden aufgenommen. Gwerder gilt als einer der markantesten Musikerpersönlichkeiten unseres Landes. Als strikter „Stegreifler“ kannte er keine Noten und wollte von diesen auch nie etwas wissen. Bereits mit sechs Jahren begann er auf dem Schwyzerörgeli zu spielen. Schon mit 15 Jahren beherrschte er rund 100 Tanzstücke. Am Schluss umfasste sein Repertoire gegen 300 Melodien. Erst im Alter von 52 Jahren liess sich Rees Gwerder zu ersten Tonaufnahmen überreden. Inzwischen gehört seine Diskographie allerdings zu den umfangreichsten im Bereich der Schweizer Volksmusik. Mit 80 Jahren machte der „König des Schwyzerörgelis“ seine letzten Tonaufnahmen.
Am Fasnachtsmontag 1930 spielte Rees Gwerder erstmals öffentlich auf, und 1995 trat er zum letzten Mal auf. Rees Gwerder hat damit während 65 Jahren aktiv Musik gemacht. Wohl kein Schweizer Musiker habe so viele Stunden musiziert, hiess es in einer Würdigung zu seinem 85. Geburtstag, den er 1996 zusammen mit vielen Musikfreunden feierte. Bei dieser Gelegenheit griff der gebrechliche Veteran erneut in die Tasten. Schon zuvor aber klagte er, die Finger wollten nicht mehr, was der Kopf wolle. „Oben geht es schon noch, aber unten kommt nichts mehr raus“, sagte er damals.
In seinen frühen Jahren spielte Gwerder mit Paul Suter, Thomas Marthaler, Josef Gwerder und Sepp Ambühl zusammen. Später trat er mit Paul Lüönd, Seebi Schmidig, Sebi Schibig und Peter Ott auf. Am besten im Duett spielte er mit dem Walchwiler Ludi Hürlimann, seinem Nachbarn vom Arther Gängigerberg. Bei ihren grössten Erfolgen wurden sie am Bass von Sity-Domini (Dominik Marty) begleitet. 1993 widmete ihm sein Schüler und Freund Cyrill Schläpfer mit dem Klanglandschaftsfilm „UR-Musig“ ein filmisches Porträt. Schläpfer hat als Produzent Gwerders Musik - und damit auch die überlieferten Muotathaler Melodien - auf mehreren CDs dokumentiert.
„Für uns ist der Tod von Rees Gwerder ein grosser Verlust“, führte der Arther Peter Fässler. Präsident des Verbandes der Schweizer Volksmusikfreunde, gegenüber dem „Boten der Urschweiz“ aus. Gwerder habe zeitliebens seinen eigenen Stil gepflegt und sich auch über Jahre hinweg um die Jugend gekümmert. Fässler: „Wir werden ihn in hohen Ehren behalten. Rees Gwerder war in der Volksmusikszene etwas Besonderes.“ Cyrill Schläpfer, Produzent, Schüler und Freund von Gwerder, erklärte gegenüber dem „Boten“, Gwerders eigenartig urtümliche und markante Spielweise habe genau mit seiner Persönlichkeit übereingestimmt: „Rees Gwerder war «eins» mit seinem Schwyzerörgeli“. „Rees Gwerder hat mit seinem unverkennbaren Melodien viel Gutes in die Welt gesetzt. Diese Melodien leben weiter“, führte der Arther Seebi Schmidig gegenüber dem „Boten“ aus. Von einem „Verlust für die Musikszene“ sprach auch Ludi Hürlimann, der während rund 30 Jahren mit Rees Gwerder zusammen musizierte. „Rees ist seiner Stilrichung immer treu geblieben“, sagte der Walchwiler Musiker. Gwerder habe die „wunderbaren und urtümlichen Tänze gerettet“, erklärte Sity- Domini. Er habe mit seinem Stil vielen Freude gemacht. Wohl kein zweiter sei so sicher auf der Bühne gesessen wie Rees Gwerder. Auch im Studio habe Rees Gwerder mit einer bemerkenswerten Sicherheit brilliert: „In wenigen Stunden wurden die 15, 16 Tänze jeweils eingespielt“, erinnert sich der Schwyzer Bassist.