ALOIS GWERDER
Kaplan und Lokalhistoriker, Ried-Muotathal
Lebenslauf und Werdegang
Z’Pfandweibels Alois, Jahrgang 1925, hat in seiner Jugendzeit durch den Beruf seines Vaters als Posthalter im Bödeli vielfach Gelegenheit, Land und Leute im Muotatal kennen zu lernen. Die Buben sind auf der Posttour des Vaters hilfreiche Laufburschen, die der Vater zu den abgelegenen Heimen schicken kann. Als guter Schüler - mit Vorliebe für Geschichte und Aufsatz - und wohl auch auf Anraten seines Bruders Paul, Kapuzinerpater Emmerich, und der Geistlichkeit, entschliesst sich Alois ab 1938 das Kollegium in Stans zu besuchen. Damit fängt ein 41-jähriges Exil an, welches ihn nicht etwa der Heimat entfremdet, sondern ihr näher bringt.
Der berufliche Weg führt Alois dann ab 1946 für sechs Jahre ans Priesterseminar Germanikum nach Rom, eine Ehre, die nicht jedem Priesteramtskandidaten zuteil wird. Zu dieser Zeit sind zwei Anmerkungen zu machen: Alois Gwerder ist am Seminar Bibliothekar und kauft sich den ersten Zettelkasten zum Sammeln von Wörtern.
Nach der Priesterweihe 1952 arbeitet Alois Gwerder nacheinander in Winterthur, St. Moritz, Klosters, Pontresina und Bäretswil, bevor er als Kaplan wieder ins Ried im Muotatal, zieht. Während in früheren Jahren das Suchen und Sammeln mehr nebenbei passiert ist, intensiviert Alois diese Tätigkeit seit den Siebziger-jahren und verbringt unzählige Stunden in den Bibliotheken von Chur, Zürich und Schwyz. Dabei stellt Alois bald einmal fest, dass über das Muotatal wenig geschichtlich-heimatkundliche Literatur vorhanden ist oder das Muotatal häufig nur als Fussnote Beachtung findet. Neue Quellen müssen erschlossen und neue Wege begangen werden. Und genau dies tut er, nachdem ihn der Weg 1983 zurück ins Thal geführt hat. Heute wäre vieles infolge des Datenschutzes nicht mehr möglich; was ‘sünd und schad’ wäre. Daneben nutzt er persönliche Kontakte zur Bevölkerung; das Notizbuch stets griffbereit in der inneren Jackentasche, betreibt er oft Seelsorge via Zuhören. Jetzt werden die ständig wachsenden Informationen im eigenen Archiv geordnet und greifbar gemacht.
Werkschau
Kaum eine Veröffentlichung der letzten 20 Jahre im Zusammenhang mit dem Muotatal kommt ohne den Namen Alois Gwerder aus. Die jahrzehntelange Sammeltätigkeit trägt vielerlei Früchte:
In erster Linie die 5 Bände der Liegenschaftsgeschichten Muotathal - Illgau; Band 1: "Ried und unterer Stoos, 1988", Band 2: "Vorderer Sonnenhalb, 1989", Band 3: "Lustnau bis Hürithal, 1991", Band 4: "Stalden, Kreuz, Bisisthal, 1993", Band 5: "Illgau, 1997".
Den Liegenschaftsgeschichten sind, zumindest teilweise, drei Bücher zur Heimatkunde Muotathal - Illgau
voraus gegangen;
Im Band 1: "Damals als der Pfarrer aus dem Tal verjagt wurde”, 1985 erschienen, sind Urkunden von 1243 bis 1499 erfasst und kommentiert.
Im Band 2: "Das Muotathal, wie es keiner kennt", von 1986, zeigt Gwerder Ergebnisse der offiziellen Geschichtsforschung und geschichtliche Zusammenhänge auf.
"Die Kastenvögtin - die Härdmänndli - die Pfarrer im Thal ..." heisst das 1998 als dritter Band veröffentlichte Buch zur Heimatkunde Muotathal - Illgau.
Neben diesen Hauptwerken ist Alois Gwerder entscheidend auch am Fotoband "Üsäs Muotithal" beteiligt, schreibt anlässlich der 700-Jahr-Feier des Frauenklosters St. Josef eine kurze, geschichtliche Biografie, wirkt am Buch "Das Muotathal, ein Kulturprofil" mit und erweist sich in den letzten 20 Jahren als unabdingbare, bereitwillige und kompetente Anlaufstelle für Sprach- und Stammbaumforscher. Alois Gwerder entwickelt sich mehr und mehr zum kollektiven Gedächtnis des Muotatales.
Mundart-Wörterbuch "flätt - hüntsch - sauft"
Die Mundart ist wie kaum etwas anderes Eigenart; sie ist uns eigen, verbindet und grenzt ab, vermittelt dem Sprechenden seine Identität. Sie ist verbunden mit einem bestimmten Ort, mit dem Boden in dem wir Wurzeln geschlagen haben. Sie rührt am Innersten und weckt Gefühle der Verbundenheit zur persönlichen Heimat und Geschichte. Sie ‘heimäläd aa’.
Seit 50 Jahren notiert Alois Gwerder unermüdlich Normales und Kurioses in Wort und Ausdrucksweise, hält Veränderungen im Sprachgebrauch fest, erfragt Bedeutungen und sucht nach geschichtlichen Ursprüngen und geografischen Parallelen. Viele der Wörter hat er beim Studium der alten Gülten und Rodeln entdeckt und manche Deutung ist durch den Vergleich von Flurnamen erst aufgegangen.
Mit dem Mundart-Hörbuch "flätt - hüntsch - sauft", als Ergänzung zu seinem Wörterbuch, hat sich Alois Gwerder einen lang ersehnten Wunsch erfüllt und schliesst damit gleichzeitig sein Lebenswerk ab.
Für alle lokal-historisch Interessierten ist die kulturhistorische Bedeutung seines Werkes einzigartig.
Bibliografie:
Liegenschaftsgeschichten Muotathal - Illgau | |
1988 | Band 1: "Ried und unterer Stoos" |
1989 | Band 2: "Vorderer Sonnenhalb" |
1991 | Band 3: "Lustnau bis Hürithal" |
1993 | Band 4: "Stalden, Kreuz, Bisisthal" |
1997 | Band 5: "Illgau" |
Heimatkunde Muotathal - Illgau | |
1985 | Band 1: "Damals als der Pfarrer aus dem Tal verjagt wurde” |
1986 | Band 2: "Das Muotathal, wie es keiner kennt" |
1998 | "Die Kastenvögtin - die Härdmänndli - die Pfarrer im Thal ..." |
2001 | Mundart-Wörterbuch "flätt - hüntsch - sauft" |
2007 | Muotathal: Land und Leute auf alten Fotografien / Alle Publikationen sind erschienen bei Triner, Druck und Verlag, Schwyz |
Veröffentlichungen bei CSR Records :
flätt-hüntsch-sauft | Dialekt-Hörbuch von Alois Gwerder, 2009 |
Presse-Artikel :
Der Jäger des Wortschatzes | von Lisa Inglin für "Schweizer Familie" 19. November 2009 |
"flätt - hüntsch - sauft" als Hörbuch | von Josias Clavadetscher für "Bote der Urschweiz" 29. Oktober 2009 |